IM INNERN DES SCHÄDELS
INSIDE THE SCULL
„Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“
Albert Einstein
Wir träumen von einer befreiten Intelligenz. Nicht eingeengt vom Horizont des eigenen Denkens. Über den Dingen zu schweben. Den Überblick zu haben. Dabei nutzen wir nur 10 Prozent der Gehirnareale, die bislang erforscht sind. Gleichzeitig sind 95 Prozent des gesamten menschlichen Gehirns noch unerforscht. Kein Wunder, dass in unseren Köpfen unentdeckte Freiräume schlummern. Freiräume, die unter großem Kraftaufwand immer wieder erschlossen wurden. In der Renaissance wurde die dunkle Phase des Mittelalters durch das Fenster der Humanität weggeblasen. Die erschöpfte Kultur der Industrialisierung wurde in der Moderne mit Licht und Luft wiederbelebt. Wir haben den Abstrakten Expressionismus, das schwarze Quadrat, den Plan Libre entdeckt. Marcel Duchamps („Ich hatte heute keine Idee, es war ein guter Tag“) und Joseph Beuys („Ich denke sowieso mit dem Knie“) hinterfragten die allgemeinen Denkkonventionen. Die 60er Jahre erweiterten unser Bewusstsein ober- und unterhalb der Gürtellinie. Die Mondlandung war in vollem Gange. Kulturelle Meilensteine eines erweiterten Denkens und Handelns.
Das Handgemachte, das Mundgeblasene und das Bodenständige beschränken unsere Denkräume. Heute werden im Innern des Schädels die Räume wieder enger gemacht. So wie im Fußball, wo es als strategische Meisterleistung gilt, den Spielfluss kurzfristig zu stoppen. Kein Platz mehr für Erfindungen, für das Neue und das Andere. Im inneren Denkraum ist das Flüssigwerden lebensnotwendig. Jede Ecke zu umspülen ist maßgeblicher Garant, um Freiräume zu schaffen.
Christian Heuchel
Foto: Tim Löbbert 2017